Pflichtteil, Auskunft, Nachlassverzeichnis
Wer kann den Pflichtteil verlangen und wie berechnet er sich?
Wer enterbt ist - durch Testament oder Erbvertrag - hat möglicherweise Anspruch auf den Pflichtteil.
Pflichtteilsberechtigt sind lediglich die Abkömmlinge (Kinder, Enkelkinder) und Eltern – des Erblassers sowie der Ehegatte. Entgegen der Vorstellung vieler Rechtssuchender haben beispielsweise Geschwister keinen Pflichtteilsanspruch.
Der Pflichtteil kann nur ausnahmsweise - beispielsweise bei sehr schweren Verfehlungen des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erblasser oder ihm nahestehenden Personen - entzogen werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auf den Pflichtteil durch Pflichtteilsverzichtsvertrag (gegen Abfindung) zu verzichten. Hierfür ist eine notarielle Beurkundung zwingend vorgeschrieben.
Der Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Ist also beispielsweise bei einer Familie mit zwei Kindern ein Ehegatte verstorben und haben die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, beträgt der gesetzliche Erbteil eines Kindes ¼. Der Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfte hiervon, also auf ⅛.
Um den Pflichtteil berechnen zu können, gewährt das Gesetz dem Pflichtteilsberechtigten einen Auskunftsanspruch sowie einen Wertermittlungsanspruch.
Er kann die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses verlangen, in dem alle Nachlassgegenstände und Vermögenswerte des Erblassers, Schenkungen der letzten Jahre und die Nachlassverbindlichkeiten (Schulden, Beerdigungskosten) aufgeführt sind. Mittels des Wertermittlungsanspruchs kann die Bewertung von Immobilien und anderer werthaltiger Nachlassgegenständen durch Sachverständigengutachten verlangt werden.
Auch lebzeitige Schenkungen des Erblassers sind im Nachlassverzeichnis anzugeben, da sie für den Pflichtteilsergänzungsanspruch relevant sein können.
Der Pflichtteilsberechtigte kann auch verlangen, dass ein notarielles Nachlassverzeichnis aufgenommen wird und dass er bei der Aufnahme dieses Verzeichnisses zugegen sein darf.
Die Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruchs beträgt drei Jahre.
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Pflichtteilsergänzungsanspruch
Pflichtteilsergänzug bei lebzeitigen Schenkungen
Neben dem Pflichtteilsanspruch kann der so genannte Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht werden. Hat der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod Vermögen/Grundbesitz übertragen/verschenkt, so werden diese Verfügungen fiktiv in den Nachlass hineingerechnet und dann aus diesem erhöhten Betrag der Pflichtteil berechnet. Allerdings sieht das Gesetz vor, dass der Wert dieser Schenkungen mit zunehmendem Zeitablauf weniger bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs berücksichtigt werden sollen. Mit jedem Jahr, das zwischen dem Tod des Erblassers und der von ihm zu Lebzeiten vorgenommenen Schenkung liegt, „schmilzt“ der Pflichtteilsergänzungsanspruch um ⅒ ab.
Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Schenkungen, die schon länger als 10 Jahre zurückliegen, für den Pflichtteilsergänzungsanspruch herangezogen werden. So läuft die 10-Jahresfrist bei Übertragungen an den Ehegatten beispielsweise nicht an; ebenso, wenn bei der Übertragung eine umfangreiche Nutzung (z.B. Nießbrauch) für den Übergeber vorbehalten wurde.
Bei der Durchsetzung oder Abwehr von Pflichtteilsansprüchen unterstützt Jan Gatermann, Fachanwalt für Erbrecht Sie gerne.
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